Nein, kein Gold. Glänzt nicht mal.
Die Qualität eines Events fair zu beurteilen und so Orientierung zu geben ist die zentrale Aufgabe einer Jury. Hier haben wir Ihnen vor kurzem dargelegt, warum das so wichtig ist. Der Jury des diesjährigen FAMAB Awards ist das leider zum wiederholten Male nicht gelungen.
Viele kompetente Beobachter rätseln seit langem, was die Jury überhaupt veranlasst, Preise zu vergeben? Ist es die besondere Kreativität, die in den ausgezeichneten Arbeiten steckt? Ganz sicher nein, wie auch Fachfrau Anette Bayer kürzlich treffend darlegte.
Schlimmer noch, viele der Goldies sind in Wahrheit Oldies. Ansätze, die man schon dutzendfach und häufig besser gesehen hat. Eines der besten Corporate Events der Republik soll die Werksfeier 100 Jahre Sindelfingen sein? Bemühtes Business-Theater als „Storytelling“ verklärt + Zeitreise + ein paar Roboter, die Screens schwenken + Mitarbeiter-Chor + ein paar langweile Reden = Silber ? Das alles mag für die Zielgruppe okay und handwerklich auf hohem Niveau umgesetzt sein, ist aber nie und nimmer preiswürdig.
Aber weil es so schön war, bekommt die Presseveranstaltung von VW in Genf, die mit exakt der gleichen Roboterinstallation arbeitet (zum Glück aber wenigstens mit einer anderen Bespielung) Bronze. Ohne Worte.
Allen Ernstes Silber bei Mitarbeiter-Events verlieh die Jury an eine Materialschlacht in unübertroffener 90er-Jahre-Tradition. Höher, größer, weiter. „Die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiter fand ihren Ausdruck im überdurchschnittlichen Aufwand, der betrieben wurde“. Ist klar, viel hilft viel. Da durfte natürlich die unvermeidliche Allzweckwaffe Helene Fischer auch nicht fehlen.
Waren Sie in den 70er Jahren mal in einem deutschen Reformhaus – quasi die Mutter aller Bioläden? Das war ziemlich uncool und hat nicht besonders gut funktioniert, genauso wenig wie der mit Gold bewertete Deutsche Pavillon auf der Expo. Bei aller Liebe, der angebotene Erkenntnisgewinn war German Over-Engineering in Reinform. Und während man über die Kugel im Pavillon in Shanghai diskutieren konnte, war die diesjährige Abschluss-Show „Bee-J“ an Peinlichkeit schwer zu übertreffen.
Da nun bald Weihnachten ist, fassen wir uns kurz. Ebenfalls ohne Idee, langweilig oder schon dutzendmal gesehen und daher ganz sicher nicht Benchmark oder preiswürdig: Airbnb Doppeldecker, 150 Jahre BASF, Fiat 500, Weltthrombose-Tag und Brooks.
Prototypisch für die unzähligen Fehleinschätzungen der Jury ist „die Maybelline Party“, bei der nichts, aber auch wirklich nichts Neues zu sehen war. Übergroße Bilder der Besucher als dominantes Gestaltungselement hat unsere Agentur bereits bei der W&V Meetnight 2005 digital zum Einsatz gebracht. Und diese Idee ist seitdem Dutzende Male wiederverwendet worden. Beim FAMAB wird sie nun 10 Jahre später versilbert. Oder gab es den Preis etwa für die Tanzkunstperformance? Wer 2015 noch Showacts prämiert, erweist der Eventbranche einen Bärendienst.
Lieber FAMAB. So wie Ihr Verband juriert, richten Sie mehr Schaden als Nutzen an. Wenn Sie der Branche etwas Gutes tun wollen, muss eine kompetente Jury her.